Tim Kalies aus Braunschweig will bei EM den nächsten Coup landen – DM-Titel verteidigt

Der Mittelstreckler der LG Braunschweig kann auf den Punkt Topleistungen abliefern. Sein Erfolgsgeheimnis will er bei der U23-Europameisterschaft untermauern. Im richtigen Moment die Topleistung zu bringen, genau dann, wenn es darauf ankommt - das ist meist das Schwerste in der Leichtathletik. Auch im Braunschweiger Trikot versuchten sich in den vergangenen Jahren schon einige „Trainingsweltmeister“ vergeblich an internationalen Normen und in Qualifikationswettkämpfen. Anders Tim Kalies. Der 20 Jahre alte Braunschweiger hakt offenbar alle Herausforderungen auf den Punkt ab. Und so ist der Mittelstreckler der LG Braunschweig am Dienstag im Dress des deutschen Nationalteams in den Flieger zur U23-Europameisterschaft nach Bergen gestiegen. Sein Ziel beim erträumten Saisonhöhepunkt: Am Donnerstag über 1500 Meter unter die Top 6 zu laufen und somit das Finale am Samstag zu erreichen.

Tim Kalies von der LG Braunschweig: Ein Meisterschaftsläufer und „extrem selbstsicher“

Wie schafft es das, genau dann abzuliefern, wenn es gefordert ist? „Vor dem Wettkampf geht es mir auch nicht anders als anderen, man spürt den Druck“, sagt er bei der Suche nach einer Antwort. „Aber ich bin jemand, der Druck braucht und damit umgehen kann.“

Während andere Athleten Schwierigkeiten bekämen, unter Stress an sich zu glauben, sei er „generell ein Meisterschaftsläufer“, sagt Kalies. „Es macht mir Spaß, ich bin dann extrem selbstsicher und glaube an mich – und ich trainiere gut.“

So hatte der ehrgeizige Schüler seine vorigen Etappen im Frühsommer jeweils nach Plan bewältigt. Erst das Abitur an der Sportschule in Leipzig, wo er am Bundesstützpunkt trainiert. Dann die EM-Norm. Dafür musste er seine persönliche Bestzeit um rund zwei Sekunden verbessern. Gesagt, getan. Sein erstes Saisonrennen verpasste er erkältet, beim zweiten Termin, der Laufgala in Pfungstadt, unterbot er in 3:41.01 Minuten die geforderte Norm. Der Veranstalter hatte einen Tempomacher für fünf Norm-Kandidaten engagiert, Kalies nutzte ihn.

20-Jähriger rennt mit Super-Endspurt zum nächsten deutschen Titel und bucht sein EM-Ticket

Dann die deutsche Meisterschaft in Ulm: Der Braunschweiger trat als Titelverteidiger an und musste mindestens Zweiter werden, um sein EM-Ticket sicher zu haben. Der Vorlauf? Kein Problem. Fürs Finale hatte er sich im Kopf verschiedene Szenarien zurechtgelegt, sagt: „Ich lasse mich situativ aufs Rennen ein.“ Es wurde ein langsames, und Kalies konnte auf seine Sprintqualitäten vertrauen.

„Die letzten hundert Meter habe ich gekickt, ich wusste, ich kann das gut“, erzählt er von seiner selbstbewussten Renneinteilung, dank der er letztlich souverän gewann. „Ich hatte schon nach der dritten Runde gespürt, dass es den anderen schwerer fällt als mir, und wusste, ich kann noch warten mit dem Endspurt.“

„Cool, für Deutschland zu starten“: Titelverteidigung wird gleich vor Ort mit Einkleidung für die EM belohnt

Mit dem Titel hatte er den Weg nach Bergen zur EM gebucht und gleich dazu die nächsten aufregenden Momente in Ulm: „Direkt vor Ort wurden vom DLV Fotos gemacht, und wir haben unsere ganzen Klamotten für die EM anprobieren und gleich mitnehmen können“, schwärmt Kalies.

EM-Erfahrung durfte er in seinen jungen Jahren bereits sammeln. Vor zwei Jahren hatte er sich für die Titelkämpfe der U20 in Jerusalem qualifiziert, das Finale erreicht und war Siebter geworden. „Es ist einfach cool, für Deutschland zu starten“, schwärmt er. „Und wenn die Konkurrenten, die man sonst hat, Teamkollegen sind.“ Die Einstellung und der Stolz seien nochmal größer, wenn man im Deutschland-Trikot im Ausland antrete.

LG Braunschweig drückt Tim Kalies die Daumen, Tom Förster musste beim Europacup aufgeben

Der Finaleinzug in Bergen sei allerdings eine knifflige Sache. „Die Konkurrenz ist international natürlich viel stärker“, gibt er nach dem Studium der Startlisten zu bedenken. „Es sind drei, vier Leute dabei, die wesentlich schneller sind und viele, die unter 3:40 Minuten laufen können – das wird eng.“ Er selbst und die anderen beiden deutschen Starter zählten sicher nicht zu den Favoriten.

Braunschweigs LG-Laufteam-Chef Peter Heine drückt die Daumen und hofft, dass es seinem ersten deutscher Meister 2025 beim Saisonhöhepunkt besser ergeht als Vereinskollege Tom Förster. Der 23-Jährige hatte sich als deutscher Vizemeister für das Nationalteam Langstrecke qualifiziert, das beim Europacup im französischen Pacé über 10.000 Meter startete. Doch der Braunschweiger musste im A-Finale wegen Magen-Problemen vorzeitig aussteigen

 

16.07.2025 – Braunschweiger Zeitung von Ute Berndt

Stolzer Trikotträger: Tim Kalies konnte nach der Titelverteidigung als deutscher U23-Meister in Ulm gleich sein Dress für die U23-Europameisterschaft anprobieren. Privat